
No. 9 – das Betthupferl aus Folge #9
7. Januar 2025
No. 11 – das Betthupferl aus Folge #11
3. Februar 2025No. 10 - Das Betthupferl aus Folge #10
Von Catherine Faber
Definition Flüsterfeen, auch “Feen der Inspiration”: Können Menschen durch das sanfte Einpflanzen von Gedanken und Emotionen zu besonderen Erfindungen und Taten anregen.
Definition Seelenwächter, auch “Hüter der spirituellen Ordnung”: Sie bewachen die Seelen der Verstorbenen, auch Geister genannt, die z. B. aufgrund von metaphysischen Konflikten noch nicht bereit sind, ins ewige Licht zu tauchen, und unterstützen alle Seelen beim Übergang, sobald sie bereit sind.
Definition Traumwandler, auch “Traumweber”: Haben die Fähigkeit, zwischen den Welten zu wandeln, in Traumwelten der Menschen einzutreten und dort zu agieren. Sie erschaffen, verändern und steuern Träume, um wichtige Botschaften und Warnungen zu hinterlassen.
Definition Wächter der Schicksalsfäden, auch “Schicksalswächter”: Diese Wesen sind mit dem Kosmos und dem Schicksal verbunden und überwachen die Fäden des Schicksals. Sie sind in der Lage, kleine Veränderungen zu bewirken, die den Verlauf von Ereignissen beeinflussen können.
Vor abertausenden Jahren, als die Menschheit noch in ihren Kinderschuhen steckte und im Einklang mit allen Wesen dieser Erde lebte, schien es, als ob dieser Koexistenz niemals auch nur ein Härchen gekrümmt werden könnte. Doch mit der Zeit, je "schlauer" der Mensch wurde und je besser er es verstand, sich Ländereien anzueignen und diese für sich und seine Belange zu nutzen, desto heftiger geriet das friedliche Miteinander ins Wanken.
Der Mensch riss alles an sich, was er begehrte. und nahm keine Rücksicht auf Verluste. Er vertrieb die friedlichen Flüsterfeen aus ihren Höhlen an den Flüssen, um diese zu begradigen und besser für Handelstransporte nutzen zu können.
Er verbannte die Seelenwächter von den blühenden Wiesen, um mehr ud mehr des fruchtbaren Landes als Ackerflächen nutzen zu können.
Er scheuchte die Traumwandler aus den Wäldern, um an mehr Brennholz und Baumaterial zu gelangen.
Auch die Wächter der Schicksalsfäden waren nicht sicher vor des Menschen Gier nach Besitz, Ruhm und Reichtum Und so wurden auch sie aus den Bergen verscheucht, damit dort nach Gold, Edelsteinen und Salz geschürft werden konnte.
Da die von den subtilen Fähigkeiten der magischen Spezies ausgehende Macht so fremdartig, so enorm war, sperrte der Mensch sie in ein Verlies. Tief, tief in massiven Stein gehauen, damit sie nie wieder das Tageslicht erblicken würden. Von nun an lag es am Menschen selbst, sich zu inspirieren. Doch auf die Traumwelt und das Schicksal vermochte er keinen Einfluss zu nehmen.
Was letztendlich übrig blieb von der magischen Sphäre, waren die verlorenen Seelen, auch Geister genannt, die aufgrund des Verschwindens der Seelenwächter von nun an auf ewig dazu verdammt waren, zwischen Erde und Licht ihr Unwesen zu treiben.”
Auszug aus: “Geschichte der Geister” von Randolf dem Weisen.
Sebastian brummt der Schädel. “Fünf Minuten, die dein Leben verändern” – so beginnen normalerweise Youtube-Videos mit fragwürdigem Coaching-Inhalt. Die letzten fünf Minuten seines Lebens –zugegebenermaßen waren es eher zehn, denn Snørre hatte etwas weiter ausholen müssen, um ihm zumindest einen groben Gesamtüberblick über die Situation zu verschaffen – hatten es in sich gehabt.
Sebastians Blick fällt auf Karin, die, nachdem Snørre sich dankenswerterweise wieder aus ihr entfernt hat, auf der Couch im Wohnzimmer zusammengesackt ist.
“Sie wird sich an nichts erinnern”, verspricht Snørre an Sebastian gewandt, “außer daran, dass sie heimgekommen ist und ihr ein fürsorglicher Ehemann ein fürstliches Mahl serviert hat.”
“Ich verstehe das immer noch nicht ganz. Du bist ein Geist und auf der Mission, die Menschheit zu retten. Und zwar vor den vielen bösen Geistern, die auf der Erde ihr Unwesen treiben, weil vor ein paar Jahrhunderten alle Seelenwächter eingesperrt wurden. Aber du bist doch selbst ein Geist? ”
Sebastian runzelt die Stirn, immer noch nicht sicher, ob er da wirklich mit einer Art Seele spricht, die in die Fernbedienung des Fernsehers geschlüpft ist, oder ob er eben doch einfach nur den Verstand verloren hat.
“Geist ist nicht gleich Geist, Sebastian,” gibt die Fernbedienung gelangweilt zurück, “ich bin einer der harmlosen. Es gibt verschiedene Unterarten. Ich – wie du mittlerweile wissen solltest – bin ein Plappergeist. In meinen Augen die beste Spezies. Ich kann in Gegenstände, Tiere oder Personen fahren und die Kontrolle über Gesagtes oder auch manche Handlungen übernehmen. Bei meinem ausgefeilten Humor ein absolutes Privileg, von mir heimgesucht zu werden! Das wirst du schon noch merken. Jedoch habe ich Grenzen, die ich nicht überschreiten kann.”
“Welche zum Beispiel?” schießt es aus Sebastian.
“Nun, wir Plappergeister sind zwar von Natur aus lästige kleine Biester, aber wir dürfen – und können – euch Menschen nicht wirklich an den Kragen. Das verbietet unser Kodex. Und sollte unserem Menschen etwas Schlimmes zustoßen, werden wir von unserem Rat hart bestraft”, tönt es aus der Fernbedienung,
“Viel schlimmer trifft es da Menschen, die von Truggeistern besessen werden, die Schein und Wirklichkeit vermischen, sodass ihre Opfer nicht mehr einordnen können, was wahr ist und was nicht. Stell dir vor, du gehst über eine Brücke, aber da ist gar keine – blöd gelaufen, haha.”
Sebastian läuft es eiskalt den Rücken herunter, alle seinen Nackenhaare stellen sich auf. “Willst du damit sagen, es gibt noch weitere Geisterarten?”, fragt er zögerlich.
“Klar,” die Fernbedienung zuckt kurz und fährt fort: “Zorngeister, die Menschen zu gewalttätigen Taten antreiben können, Schattengeister, die Angst und Verzweiflung verbreiten, Seelenverschlinger, die sich an der Energie ihrer Opfer nähren, Schmerzgeister, die sich meist auf emotionalen Schmerz spezialisieren – alles böööööse, böse Buben und Mädels, wenn du mich fragst. Und es gibt noch sooooo viele mehr.”
Sebastian schaudert. “Und… und – wie viele sind das insgesamt?”
“Von den bösen?”, Snørre schnalzt mit der Zunge (falls eine Fernbedienung eine Zunge hat). “Nun ja, von den bösen sind es eigentlich nicht so arg viele. Kommt immer auf den Menschen an, dem der Geist entspringt, weißt du. Es gibt schon viele üble Leute auf der Welt – aber glücklicherweise seid ihr Menschen doch ein ganz netter und verspielter Haufen.
Das Problem ist ein anderes! Jeder Mensch, der aktuell stirbt, kann nicht in die ewigen Jagdgründe, oder wie auch immer ihr Romantiker das nennen mögt, übergehen, weil es aktuell keine Seelenwächter gibt, um die Seelen der Verstorbenen dorthin zu geleiten.
Bedeutet: Seit eine Gruppe von mittlerweile schon lang, lang verstorbenen Menschen die Seelenwächter in das dunkle Verlies gesperrt hat, gibt es einen miiiiinimalen Geisterüberschuss auf diesem schnuckeligen Planeten. Und das ist nicht gut. Das stört die Balance.
So, für heute sind das erstmal genug Informationen. Ich hüpf jetzt in dein Tablet und amüsiere mich bei einem Horrorfilm. Kannst du was empfehlen?”