
No. 17 – das Betthupferl aus Folge #17
28. April 2025
No. 19 – das Betthupferl aus Folge #19
26. Mai 2025No. 18 - Das Betthupferl aus Folge #18
Von Catherine Faber
Sebastian wandert. Und wandert. Und wandert.
Der Pfad wird schmaler, die Luft klarer, die Gedanken – nun ja, etwas leichter.
„In der Stille liegt die Kraft“, predigt die Stimme aus dem Podcast, den er gerade hört. Irgendein spiritueller Influencer mit Klangschalen und Doppelnamen gibt Tipps, zu sich selbst zu finden. Sebastian atmet tief ein. Und dann wieder aus.
„In der Stille liegt die Kraft“, wiederholt er leise. „In der Stille liegt die Kra—AH!“
Ein flauschiges, pelziges Etwas schießt im Affenzahn über den Weg – und Sebastian springt vor Schreck rückwärts wie ein Frosch, als er erkennt, was das genau ist.
„Nicht schon wieder! Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist, wenn du mich beißt, ruf ich die Forstpolizei!“ Das rostrote Eichhörnchen verschwindet völlig unbeeindruckt im Gebüsch. Sebastian bleibt noch einen Moment lang stehen, die Hand geschockt vor den Mund gepresst – und setzt dann erleichtert seinen Weg fort. Die letzte Begegnung mit so einem Höllenhörnchen hatte mit einer blutenden Bisswunde geendet. Und dann hatte er sich bei dieser Hochzeit völlig blamiert, in die er damals reingeplatzt war. Der Gedanke daran treibt ihm die Schamesröte ins Gesicht.
„Snørre ist heute erstaunlich ruhig“, denkt Sebastian. Als er nach einigen Stunden eine kleine Lichtung erreicht, macht er Halt. Hier, denkt er. Hier ist es doch nett. Und schnarchtauglich.
Er schlägt sein Zelt auf – wobei er mit einem nervigen Klettverschluss am Innenzelt kämpfen muss und es mit der inneren Ruhe kurz mal fluchend ein Ende hat. Anschließend mampft er selig – und begleitet lediglich von fröhlichem Vogelgezwitscher – zwei Scheiben Knäckebrot mit veganem Kichererbsenaufstrich.
Nach der wohlverdienten Brotzeit und einer weiteren Folge des Klangschalen-Podcasts kuschelt sich Sebastian in seinen Schlafsack. Einatmen. Ausatmen. Kein Laut. Kein Kommentar. Keine Stirnhuhn-Witze. Snørre schweigt immer noch. Sebastian gähnt genüsslich, überanstrengt vom Aufstieg schläft er rasch ein.
Doch ein paar Stunden später, mitten in der Nacht, wird er von einem Geräusch geweckt. Dumpf. Kratzend. Etwas… schleift. Sebastian reißt die Augen auf. Dunkelheit. Absolute, umhüllende, klebrige Dunkelheit. Er knipst die Taschenlampe an. Wieder dieses Geräusch. Diesmal näher.
Schrrrk. Schrrrk.
Ruckartig setzt er sich auf. Lauscht. Sein Puls dröhnt adrenalingepeitscht in seinen Ohren. Sein Atem geht schneller. Und dann – direkt neben seinem Ohr:
„Sebastian…“
Er zuckt zusammen, fuchtelt panisch mit der Lampe in der Hand vor seinem Gesicht umher. „Was zum?!“
„Du bist da. Sehr gut. Das hat ja lange genug gedauert.“
Die Stimme klingt tief, bedrohlich, angsteinflößend.
Der Lichtkegel der Lampe wandert zur Zeltwand. Von außen zeichnet sich ein Schatten ab. Massig, groß, kantig. Ein Flackern durchzieht die Luft. Die Temperatur scheint zu sinken.
„Der Wendelstein hat dich gerufen. Und du bist gefolgt. Tapfer. Oder dumm. Vielleicht beides…“
Sebastian kriecht rückwärts, sein Rücken stößt gegen die Zeltwand. „Was… wer bist du?! Und wo ist Snørre?!“
Der Schatten an der Zeltwand pulsiert, als würde er atmen. Dann – ein leises, kehliges Lachen. „Snørre… war nur der Anfang.“